Kontext
Im Jahr 1982 trat Frau Maria Huber-Koller, genannt „Pusterer Mutter", an H. Henzinger mit der Bitte heran, er solle einen Kreuzweg schaffen, den sie dem Pfarrzentrum Kufstein-Endach zu stiften gedenke. Henzinger nahm den Auftrag an. Ein Jahr lang hat er daran gearbeitet und einen Kreuzweg geschaffen, der in seiner Präsentation ungewöhnlich ist. Es handelt sich um eingefärbte Holzschnitte, also für die Reproduktion geeignete Druckstöcke aus 5 cm dicken Eichenholztafeln in der Größe 750 x 640 mm. An den Wänden des Pfarrzentrums hängen also nicht die „Drucke", sondern die eingefärbten Druckstöcke, wobei oft noch Umriss und Maserung des Eichenbrettes zu erkennen ist. Diese Eichenholztafeln hängen sozusagen als ein Stück Natur an den Wänden des Gotteshauses und bilden so eine eindrucksvolle Ergänzung zur nüchternen Bescheidenheit der Architektur des Kirchenraumes.
Zu diesem Kreuzweg, seinem ersten großen Werk, sagt Henzinger :
„Als Gestaltungsmaterial verwendete ich 5 cm dicke Eichenholztafeln in der Größe 750 x 640 mm und bearbeitete sie in der Art des Holzschnittes. Durch das Einschwärzen der erhabenen Teile ist jede Tafel ein Druckstock. Hell und Dunkel bewirken einen herben und strengen, der Darstellung bitteren und schmachvollen Leidens gemäßen, Eindruck.
Der Leidensweg des Jesus Christus ist für mich nicht nur sein Weg mit dem Kreuze und zum Kreuze, sondern der Weg ungezählter, die wie er ohne Schuld gequält, verfolgt und getötet wurden und werden.
Erläuterndes Beiwerk war mir bei der Gestaltung nicht wichtig. Körper Antlitz und Hände wollte ich vor allem sprechen lassen. Ich hoffe, dass es mir gelungen ist, mit der Sprache des Ausdrucks betroffen zu machen, aufzurütteln, ja auch zu erschrecken. Es schadet uns nicht, schockiert zu werden, denn das Meer von Gewalt, Schuld, Elend, Not und Tod berührt uns viel zu oft nur am Rande".
Im Jahr 1991 anlässlich eines Vortrages, gehalten im Pfarrzentrum Endach, wobei er seinen 1989 für die Klausur des Frauenklosters in Wels geschaffenen „Kreuzweg der Liebe" genannten Bilderzyklus vorstellte und erläuterte, sagte er:
„Ihrem Kreuzweg hier in Endach habe ich für mich den Namen" Kreuzweg des Leidens „gegeben, weil er den Leidensweg des Jesus von Nazareth aufzeigt, ja das furchtbare Geschehen um Golgotha bewusst gemacht hat".
2. Station, 1983, Holzstock, 750x640x50mm
Jesus nimmt das Kreuz auf sich
Da lieferte er (Pilatus) ihn an sie aus, dass er gekreuzigt würde. Sie übernahmen also Jesus, und selbst das Kreuz tragend, ging er hinaus zu der sogenannten Schädelstätte, die auf hebräisch Golgotha heißt. (Jo. 19; 16,17). Christus trägt das Kreuz, den Querbalken mit beiden Händen umklammernd. Mit weit geöffneten Augen blickt er den Betrachter an. In der linken oberen Ecke ein Männergesicht - vielleicht Pilatus, der dem kreuztragenden Christus zweifelnd nachschaut.
J. Henzinger: Christus trägt das Kreuz, den Querbalken mit beiden Händen umklammernd. Mit weit geöffneten Augen blickt er den Betrachter an. In der linken oberen Ecke ein Männergesicht - vielleicht Pilatus, der dem kreuztragenden Christus zweifelnd nachschaut.
3. Station, 1983, Holzstock, 750x640x50mm
Jesus fällt zum ersten Mal
Christus liegt am Boden, schwer lastet das Kreuz auf ihm, das Gesicht von Leid und Schmerz gezeichnet.
Für diese Szene gibt es im Neuen Testament (NT) keinen Hinweis. Es wurden hier die Worte der Kreuzweg-Andacht umgesetzt.
„Keine Gestalt hatte er und keine Schönheit, ein Mann der Schmerzen, mit Krankheit vertraut".
J. Henzinger: Christus liegt am Boden, schwer lastet das Kreuz auf ihm, das Gesicht von Leid und Schmerz gezeichnet.
5. Station. 1983, Holzstock, 750x640x50mm
Simon von Zyrene hilft Jesus das Kreuz tragen
Als sie ihn hinausführten, griffen sie einen gewissen Simon von Zyrene auf, der eben vom Felde kam und luden ihm das Kreuz auf. Lukas 23,26
J. Henzinger: Simon umfängt das Kreuz mit seinen Händen und versucht so, es von den Schultern des Herrn zu nehmen. Christus aber klammert sich noch mit von leid und Schmerzen gezeichnetem Gesicht an den Querbalken des Kreuzes.
8. Station, Holzstock, 750x640x50mm
Jesus begegnet den weinenden Frauen
"Es folgte ihm auch eine große Volksmenge, darunter Frauen, die ihn beklagten und beweinten. Jesus aber wandte sich zu ihnen um und sprach: Ihr Töchter Jerusalems, weint nicht über mich; sondern über euch selbst und eure Kinder; denn es werden Zeiten kommen, wo man sagen wird: Selig die Unfruchtbaren und die Leiber, die nicht geboren und die Brüste, die nicht gesäugt. Dann werden sie anheben, zu den Bergen zu rufen: Fallet über uns! und zu den Hügeln: Bedecket uns! Denn wenn sie das am grünen Holze tun, was wird es mit den dürren werden." - Lukas 23,27-3
J. Henzinger: Unter seinem schweren Kreuz richtet sich Christus noch einmal auf und wendet sein Gesicht den beiden am rechten Bildrand stehenden Frauen zu. Eine der Frauen scheint über das soeben Gesagte bestürzt zu sein, die andere denkt wohl darüber nach.
12. Station, 1983, Holzstock, 750x640x50mm
Jesus stirbt am Kreuz
"Es war um die sechste Stunde, als die Finsternis über das ganze Land hereinbrach. Sie dauerte bis zur neunten Stunde. Die Sonne verdunkelte sich. Der Vorhang im Tempel riß mitten entzwei und Jesus rief laut: Vater in deine Hände lege ich meinen Geist. Nach diesen Worten hauchte er seinen Geist aus. Als der Hauptmann sah, was geschehen war, pries er Gott und sagte: Das war wirklich ein gerechter Mensch." - Lukas 23,44-47
Jesus aber sprach: „Vater vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun". Als sie aber seine Kleider verteilten, warfen sie des Los.
Und Jesus rief mit lauter Stimme und sprach: „Vater in deine Hände empfehle ich meinen Geist!" (Lk•, 23; 34, 46)
J. Henzinger: Diese beiden Begebenheiten werden hier zusammengefaßt. Im Vordergrund zwei Männer - nur ihre Gesichter sieht man - sind gerade dabei, über seine Kleider das Los zu werfen. Einer hält einen Würfel, der andere ein Kleidungsstück. Dahinter Jesus mit gesenktem Haupt am Kreuz. Er stirbt. Auffallend vielleicht, dass sein linker Arm nicht mehr ans Kreuz genagelt ist.
13. Station, 1983, Holzstock, 750x640x50mm
Jesus wird vom Kreuz genommen
"Josef von Arimathäa, der sein Jünger war, bat Pilatus, daß er den Leichnam Jesu abnehmen dürfe. Pilatus erlaubte es. Er ging also hin und nahm den Leichnahm ab." - Johannes 19,38-39
J. Henzinger: Josef nimmt den toten Christus in seine Arme und löst ihn vom Kreuz. Die verkrampfte linke Hand Christi noch ans Kreuz genagelt.
14. Station, 1983, Holzstock, 750x640x50mm
Jesus wird begraben
"Sie nahmen also den Leichnam Jesu und wickelten ihn mit Spezereien in Tücher nach jüdischer Art und Sitte. Es war aber bei der Stätte, wo Jesus gekreuzigt, ein Garten und in diesem eine Gruft, in welcher noch niemand beigesetzt worden war. In diese Gruft legten sie Jesus." - Johannes 19,40-42
J. Henzinger: Ein friedlich ruhender Christus in einem mit einem Deckel verschlossenem Sarkophag. Der Druckstock nennt die Stifterin des Kreuzweges: gestiftet von der Pusterer-Mutter zu Endach.