Das Buch Tobit ist eine Familiengeschichte, an deren Gestalten die Wesenszüge jüdischer Frömmigkeit sichtbar werden. Gottesfurcht und Gottvertrauen, Gesetzesbefolgung, Eltern- und Kindesliebe, Ehrfurcht vor den Toten.
Unter den im Jahre 720 v. Ch. aus dem Nordreich Israels Deportierten waren auch Männer, die Gott und dem Gesetz treu waren; von einem solchen erzählt das Buch Tobit.
Tobias gelang es, vom assyrischen König Sargon II (722 - 705) die Erlaubnis zu bekommen, sich im ganzen Reich frei zu bewegen. Dies nützt er dazu aus, seinen verschleppten Mitbürgern zu helfen und sie zu trösten. Dabei kam er auch nach Ráges, dem heutigen Rhéi (25 km südlich von Teheran, wo heute noch Felsinschriften an die altpersische Zeit erinnern). In Ráges gibt Tobit einem armen Mann (Gabélus) gegen eine schriftliche Bestätigung eine größere Geldsumme.
Unter Sargons Nachfolger (Sanherib 704 - 681) wurden viele Israeliten getötet und ihre Beerdigung verboten. Tobit jedoch verbirgt ihre Leichen tagsüber in seinem Haus und begräbt sie in der Nacht.
Als er einmal, ermüdet von dieser Arbeit, nach Hause kam, legt er sich an eine Wand und schläft ein. Da fällt aus einem Vogelnest Kot in seine Augen. Er erblindet. Dies veranlasst seine Frau zu der kränkenden Frage: „Wo sind jetzt deine Almosen und deine guten Werke?" Er erwidert mit Gebet.
Das Buch Tobit dürfte bei den Juden in der Diaspora, vielleicht in Ägypten im 4. oder 3. Jhrh. entstanden sein und soll zeigen, dass Gott auch den Frommen schwere Prüfungen nicht erspart, dass er sie aber zuletzt in Freude und Trost verwandelt.
Von besonderer Bedeutung ist das Buch Tobit für die Lehre von den Engeln. Im Auftrag Gottes hilft Erzengel Raphael in der Gestalt eines Jünglings der Familie Tobit aus allen irdischen Nöten. Er führt Sohn Tobias den gefahrvollen Weg zu Gabélus, wählt ihm eine strenggläubige Braut und rettet ihn aus Todesgefahr. Auch sein Vater Tobit wird wieder sehend.
Tobit Farbholzschnitt, Japanpapier; 360 x 300 mm; 1985
„Alle meine Brüder und das Haus Naphtali opferten dem Kalb, das Jerobeam, der König von Israel, zu Dan auf den Bergen Galiläas aufgestellt hatte. Ich ganz allein wallfahrte oft nach Jerusalem, wie es ganz Israel durch ein ewiges Gesetz vorgeschrieben ist, mit den Erstlingen der Früchte und der Tiere, dem Zehnten des Viehs und der ersten Schafschur". (Tob. 1; 5,6)
Tobit kniet vor einem Altar auf dem der siebenarmige Leuchter, die Me-nora, das Symbol des jüdischen Glaubens steht. Die Vorderseite des Altar zeigt ein gleichseitiges Dreieck, dem ein Auge eingeschrieben ist und das Strahlen aussendet. (Symbol der Dreifaltigkeit?)
Der in schwungvollen Linien modellierte Tobit hat seine fast wie zum Gebet gefalteten, großen Hände, um das Opferlamm gelegt.
Tobit und der im Hintergrund angedeutete Tanz um das „Goldene Kalb" sind teilweise mit einem stumpfen Blau, Altar und Menora dagegen mit einem gelblichen Braun überdruckt.
Deportation Farbholzschnitt 360 x 300mm, 1985
„Als ich ein Mann geworden war, nahm ich eine Frau aus unserem väterlichen Geschlecht, die Anna hieß; sie schenkte mir einen Sohn, den ich Tobias nannte. Als ich bei der Verbannung nach Assyrien gefangen fortgeführt worden war, kam ich nach Ninive". (Tob. 1; 9,10)
Ein wuchtiger Tobias umfasst mit beiden Händen seine Frau Anna, die auf ihrem Rücken den kleinen Tobias trägt. Sie fliehen. Mit festem, weitausgreifendem Schritt versuchen sie voranzukommen. Mit ihnen geht auch der Tod. Er steht für die Leiden, die Qualen, die Martern und auch für den Tod, den viele Israeliten auf ihrem Weg in die Gefangenschaft erleiden.
Die mit feinen, zarten, weißen Linien geformten Körper der beiden verschmelzen fast ineinander. Das Wuchtige, das Dramatische der Szene bleibt aber erhalten.
Überdruckt in den Farben Olivgrün, helles Braun und Rot.
Tote begraben Farbholzschnitt; Japanpapier; 360 x 300 mm; 1985
„Ich begrub auch diejenigen, die Sanherib tötete. Da nahm ich heim-lich ihre Leichname, um sie zu begraben". (Tob. 1; 18)
Ein kräftiger Tobit bückt sich mit durchgestreckten Knien über einen Toten und umfasst ihn mit seinen beiden mächtigen Händen. Seine Augen sind aber nicht auf den Toten gerichtet. Sein Blick geht zur Seite, so als wolle er sich vergewissern, dass er allein sei. Seine Gestalt, rechtes Bein, Rücken und linker Arm sind wie in das Bild „eingeschrieben", nur der Tote hat noch am Boden Platz. Die Figur des Tobit sehr flächig, lediglich sein Gesicht ist feiner herausgearbeitet.
Im Hintergrund angedeutet eine Stadtmauer mit Tor.
Hungernde und Nackte Farbholzschnitt, Japanpapier; 360 x 300; 1985
„Mein Brot gab ich den Hungernden und Kleider den Nackten".(Tob. 1; 17) Tobit kauert vor einem gebrechlichen, alten Mann und gibt ihm zu essen. Der alte Mann sitzt auf dem Erdboden, beide Hände auf die Knie gelegt, lässt er sich von Tobit füttern. Das Gesicht des Tobit exakt herausgearbeitet, sein Körper nur mit feinen, weißen Linien fixiert. Die Gelenke an Schultern und Ellenbogen sind durch Kreise dargestellt. Ein starker Kontrast ; armer Mann weiß - Tobias schwarz und blockhaft.
Tobits Erblindung Farbholzschnitt; Japanpapier 360 x 300 mm; 1985
„Ich wusste nicht, dass über mir Spatzen in der Mauer waren. Warmer Kot fiel in meine Augen". (Tob. 2; 10)
Tobit liegt am Boden, windet sich vor Schmerz. Er versucht mit seiner Hand das Gesicht zu schützen. Die Figur auf ihre wesentlichen Merkmale beschränkt; Innenzeichnung in ganz feinen Linien.
Über seinem Haupt ist noch die Ursache seines Schmerzes zu sehen, das Vogelnest mit den flatternden Vögeln. Zwei Gestalten gehen auf den Liegenden zu.
Gebet Tobits Farbholzschnitt; Japanpapier 360 x 300 mm; 1985
„Gerecht bist du, Herr! Alle deine Werke sind gerecht und deine Wege sind Barmherzigkeit und Treue. Du bist der Richter der Welt.
Und nun, Herr, gedenke du meiner und schau auf mich! Züchtige mich nicht nach meinen Sünden und Vergehen und nach denen meiner Väter". (Tob. 3; 2, 3)
Verzweifelt sitzt Tobit auf seinem Hocker, mit Blindheit geschlagen. Er fühlt sich von allen verlassen, „sieht" den Tod. Aber er verzweifelt nicht, er betet zu seinem Gott.
Tobit, im Gegensatz zu dem in Schraffuren gezeichneten Tod, wuchtig, fest dargestellt, ist, wenn auch am linken Bildrand sitzend, der Mittelpunkt der Szene. Seine Frau Anna geht auf Ihn zu. In ihren Händen hält sie ein kleines Tier. Vielleicht ist es sein Hund?
Sara und Asmodäus Farbholzschnitt; Japanpapier; 360 x 300 mm; 1985
„Am gleichen Tag begegnete es Sara der Tochter Raguels zu Ekbatana in Medien, dass sie von einer Magd ihres Vaters verhöhnt wurde. Denn sie war schon sieben Männern zur Frau gegeben worden. Aber der böse Dämon Asmodäus hatte sie getötet, bevor sie mit ihr eheliche Gemeinschaft gepflogen hatten". (Tob. 3; 7,8)
Der dunkle Dämon Asmodäus umschlingt die helle (weiße) Sara. Sara mit leidvollem Blick kann sich dieser Umarmung nicht erwehren. Sie lässt es geschehen. Am rechten unteren Bildrand sind auch noch ihre getöteten „Ehemänner" zu erkennen.
Durch das Überdrucken mit Rot und Blau entsteht Unruhe und Spannung.
Saras Gebet Farbholzschnitt; Japanpapier; 360 x 300 mm; 1985
„Du weißt, Herr, dass ich frei von jeder Sünde mit einem Mann bin und dass ich weder meinen Namen noch den Namen meines Vaters im Lande meiner Gefangenschaft befleckt habe". (Tob. 3; 14,15)
Sara, den Kopf auf ihre rechte Schulter gelegt, sitzt auf einem Hocker. Sie ist verzweifelt und wendet ihr Gesicht von den sie verhöhnenden Frauen ab. Drei Frauen sind es, die Sara verspotten. Eine dieser Frauen weist sogar, höhnisch lächelnd, mit dem Finger auf sie.
Tobias und Asarias Farbholzschnitt; Japanpapier; 360 x 300 mm; 1985
„Dann sprach er zu seinem Sohn : Mach dich reisefertig, Kind! Reise mit deinem Bruder! Gott aber, der im Himmel wohnt, beschütze euch hienieden und führe euch sicher und gesund zu mir! Sein Engel begleite euch zum Schutz, mein Kind"! (Tob. 5; 17) Tobias begibt sich mit seinem Begleiter (Asarja = der Engel Raphael) auf die Reise.
Auch ein kleiner Hund geht mit ihnen. Raphael legt eine Hand auf die Schulter des Tobias und weist ihm mit seiner Rechten den Weg. Raphaels Umrisslinien sind punktiert. Er hat auch Flügel, die aber Tobias nicht erkennen kann.
Der Fischfang Farbholzschnitt; Japanpapier; 360 x 300 mm; 1985
"...und kamen an dem ersten Abend an den Fluss Tigris, wo sie übernachteten. Der Jüngling stieg zum Fluss hinab, um seine Füße zu baden. Da schnellte ein Fisch aus dem Wasser empor und drohte, seinen Fuß zu verschlingen. Da sprach der Engel zu ihm: Ergreife den Fisch und lass ihn nicht los". Da packte der Jüngling den Fisch und warf ihn ans Land. Dann sprach der Engel zu ihm: „Zerschneide den Fisch! Nimm Herz, Leber und Galle und bewahre sie sorgfältig auf..." (Tob. 6; 2 - 6)
Tobias packt den Fisch und schneidet ihn mit dem Messer auf. Hinter Tobias steht Raphael, der die Szene mit wachem Auge beobachtet. Tobias, seine messerführende Hand und der gefangene Fisch bilden fast einen Kreis. Dadurch entsteht Bewegung.
Die Brautnacht (1) Farbholzschnitt; Japanpapier; 360 x 300 mm; 1985
Sie führten den Jüngling vom Essraum zur Kammer. Da erinnerte sich Tobias an die Worte Raphaels, nahm seinen Reisesack, holte Herz und Leber des Fisches hervor und legte sie auf die Räucherkohle. Der Rauch vom Fisch belästigte den Dämon, so dass dieser durch die Luft bis nach Ägypten entfloh. Raphael verfolgte ihn, fesselte und erdrosselte ihn auf der Stelle". (Tob. 8; 1 - 3)
Tobias und Sarra im Brautgemach. Tobias legt Herz und Leber des Fisches auf das Räuchergefäß. Rauch steigt auf. Tobias blickt mit großen Augen auf seine Braut, die vor ihm am Bettrand sitzt. Die Braut fährt sich mit der Hand durchs Haar und hält züchtig den Blick zum Boden gesenkt. Die Farben mildern hier den Gegensatz von schwarz weiß
Die Brautnacht (2) Farbholzschnitt; Japanpapier; 360 x 300 mm; 1985
„Jetzt aber, Herr, nicht aus unreiner Begierde nehme ich meine Schwester, sondern in lauterer Gesinnung. Befiehl, dass ich Erbarmen finde und mit ihr alt werde... Raguel erhob sich, rief seine Knechte, diese kamen und halfen ihm, ein Grab zu graben. Er dachte: „Vielleicht stirbt auch dieser und wir würden mit Schimpf und Schande bedeckt". Als das Grab fertig war, ging Raguel wieder in das Haus, rief seine Frau und sprach zu ihr: „Schick eine von deinen Mägden in die Kammer, dass sie nachschaue, ob er noch lebt". ...Man holte die Magd, (sie) öffnete die Tür, trat ein und fand alle beide schlafend in einem tiefen Schlaf'. (Tob. 8; 7 - 13)
Tobias und Sarra liegen Seite an Seite auf ihrem Bett und schlafen friedlich. Dabei werden sie von einer Frau (Magd) beobachtet.
Das Hochzeitsfest Farbholzschnitt; Japanpapier; 360 x 300 mm; 1985
„Er ließ Tobias kommen und erklärte ihm: Vierzehn Tage lang darfst du nicht von hier fort. Bleibe, wo du bist, bei mir und iss und trink! Meiner Tochter sollst du nach allem ihrem Leid wieder Freude schenken". (Tob. 8; 20)
Eine fröhliche Hochzeitsgesellschaft ist um einen runden Tisch versammelt. Musikanten spielen auf, es wird gegessen und getrunken. Der Betrachter sieht von oben auf die Musikanten und Hochzeitsgesellschaft, kann aber nur - ausgenommen der Trinkende am rechten Bildrand - die Köpfe, Schultern und die erhobenen Hände der Leute sehen. Eine Frau hält einen Palmzweig. Sicherlich ein Zeichen der Freude und des Triumphes.
Tobits Heilung Farbholzschnitt; Japanpapier; 360 x 300 mm; 1985
„Du streiche die Fischgalle auf seine Augen. Die Arznei wird beißen und ihm von den Augen ein weißes Häutchen ablösen. Da wird der Vater sehen und Licht schauen können". (Tob. 11; 8)
Seitlich, die ganze untere Bildhälfte ausfüllend, sitzt der Vater am Boden. Der Sohn umfasst mit beiden Händen den zur Seite geneigten Kopf seines Vaters und streicht ihm, wie vom Engel befohlen, die Fischgalle in die Augen.
Auch hier wiederum der starke Gegensatz hell/dunkel; der blinde Vater dunkel, der Sohn mit der heilbringenden Arznei hell. Die Figur des Sohnes auch noch mit goldgelber Farbe überdruckt.